Kirchenaustritt

Kirchenaustritte
kath. Kirche

KirchenaustritteKirchenaustritte aus der römisch-katholischen Kirche: schwankend mit Tendenzen

Die Kirchenaustrittsraten der vergangenen Jahre pro 1’000 Kirchenmitglieder waren in den Kantonen im Durchschnitt sehr unterschiedlich. Zu beachten ist, dass es sich dabei um eine Momentaufnahme von zwei Jahren handelt. Da die Kirchenaustritte in den einzelnen Kantonen jedoch von Jahr zu Jahr Schwankungen unterliegen, ist bei der Interpretation eine gewisse Vorsicht geboten.

Grafik 1.11.1: Kirchenaustritte pro 1000 Mitglieder nach Kantonen (2011/12, 2013/14, 2015/2016, 2017-2022) der römisch-katholischen Kirche

Anmerkung: Es wurden jeweils die Durchschnittswerte der Jahre 2011/ 2012, 2013/2014 sowie 2015/2016 angegeben. Für die katholische Kirche im Kanton Schwyz liegen nur die Daten von 2012 vor, für jene im Kanton Uri nur die Daten von 2011. Die Daten 2017 und 2018 der Kantone FR, GE, GR, NE, OW, SZ, UR, VD und VS basieren auf den Angaben des Bistums, die anderen Zahlen basieren auf Angaben der Kantonalkirchen bzw. Kirchgemeinden. Basis: Kirchenmitglieder per 31.12. des Vorjahres.
In den meisten Kantonen finanzieren sich die öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen über Kirchensteuern. In den Kantonen Tessin, Waadt, Neuenburg, Genf sowie Wallis sieht diese Situation anders aus: in diesen Kantonen werden die Kirchen entweder über freiwillige Zuwendungen (insb. in den Kantonen Genf, Tessin oder Neuenburg) oder Beiträge der öffentlichen Hand (Kantone Wallis und Waadt) finanziert. Diese unterschiedlichen Finanzierungssysteme dürften sich auch auf die Austrittswahrscheinlichkeit auswirken und den Unterschied zu den Kantonen mit Kirchensteuern miterklären: Während man in den Kantonen mit Kirchensteuern diesen Betrag bei einem Austritt einspart, ist der ökonomische Anreiz für einen Kirchenaustritt in den Kantonen Waadt, Neuenburg, Genf, Tessin und Wallis klein. Ab 2018 wurden der Distrikt Aigle (Bistum Sitten) bei den Kontonsdaten zum Kanton Waadt gezählt.

Tabelle 1.5.4: Entwicklung der Kirchenaustritte in der römisch-katholischen Kirche nach Landeskirchen (2000–2022)

Kanton2010201120122013201420152016201720182019202020212022
AG3866243024832952306230352791309640934672475249865364
AI3217273033244244708272110
AR949588142116126193215174218289
BE2052125812281275133514431472159020032475226325942664
BS593592706820819841924111012081124829677
FR5636587769551507157016121693
GE10302112159
GL1148610610797104133123160165207218186
GR413441545669927927949973
JU208147129142164133178177230461338383358
LU1990137013381526163919882046199325083280375840574161
NE14826283313
NW136177167189200173175190265309394366
OW100103124143141135203273306343371
SG2115154914781648168020161915203623843393305434383680
SH144189194159240239221257300341357351
SO1677121512831247123813671375142417541847168619831765
SZ4723024256785465938111063114214321343
TG96059065578276086680290310431362132614801700
UR9011992201123121190256283333371
VD313976605867
VS66112165127142121
ZG312288286340437386422579701712797685
ZH6161325134923709363942244221435058017044682174597244
Anmerkung: Keine Daten vorhanden der Kantone BL und TI. Ab 2018 wurden der Distrikt Aigle (Bistum Sitten) bei den Kontonsdaten zum Kanton Waadt gezählt. Quelle: Daten der Kantonalkirchen, statistischen Ämtern und Bistümern.

Kirchenaustritte
evang.-ref. Kirche

KirchenaustritteKirchenaustritte aus der evangelisch-reformierten Kirche: Städte mit den grössten Verlusten

Tendenziell ist die Kirchenaustrittsrate in kleineren, ländlichen Kantonen niedriger als in grösseren, eher städtisch geprägten. Besonders hoch ist sie in den Kantonen Basel-Stadt, Solothurn und im Aargau (Kantone mit kleinen Mitgliederzahlen nicht mitgezählt).

Grafik 1.11.2: Kirchenaustritte pro 1000 Mitglieder nach Kantonen (2011/12, 2013/14, 2015/2016, 2017-2022) der evangelisch-reformierten Kirchen

Anmerkung: Es wurden jeweils die Durchschnittswerte der Jahre 2011/ 2012, 2013/2014 sowie 2015/2016 angegeben. Basis: Anzahl Kirchenmitglieder per 31. Dezember des Vorjahres.

Kirchenaustritte
Gründe

Gründe zum Kirchenaustritt – das Alter beeinflusst mit

Die Gründe, aus der Kirche auszutreten sind vielfältig. Die wichtigsten Gründe sind fehlender/verlorener Glaube, die öffentlichen Stellungsnahmen der Religionsgemeinschaften und “andere” Gründe. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Alterskategorien. Während jüngere Menschen angeben, keinen Glauben zu haben oder diesen verloren hat, geben Menschen zwischen 40 und 75 Jahre an, dass sie mit den öffentlichen Stellungnahmen ihrer Religionsgemeinschaft unzufrieden waren.

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Grafik 1.11.3: Kirchenaustrittsgründe (2019)

Anmerkung: Menschen ohne Religionszugehörigkeit sowie Konvertitinnen und Konvertiten.

«Der Landeskirche geht es wie dem Turnverein, der ganz verschiedene Sportarten anbietet.» Ins Fitnesscenter könne man ­gehen, wann man wolle, genau ­jene Dienstleistungen nutzen, die man möchte, und laufe schliesslich nicht noch Gefahr, Kuchen für den Jugitag backen zu müssen. Einerseits spreche man von einer Renaissance des Religiösen: «In der Tat würden die meisten sagen, sie seien auf irgendeine Art und Weise religiös», erklärt Ackermann. Gleichzeitig seien sie nicht mehr mit der Institution Kirche verbunden. «Die jungen Leute kommen der Kirche so schlicht abhanden. Die Austritte bereiten uns Sorge.»

Andreas Ackermann

Beauftragter für Kommunikation der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons St. Gallen, in: Magnus Leibundgut, Die Kirchen leeren sich, in Zürichsee-Zeitung vom 5. Juni 2017

Kirchenaustritte
röm.-kath. Kirche
im Kanton Zürich

KirchenaustritteKirchenaustritte der röm.-kath. Kirche im Kanton Zürich: Spitzenwerte in den Jahren 2010 und aktuell

Wo – wie im Kanton Zürich – über einen längeren Zeitraum Daten vorliegen, zeigt sich, dass Ende der 1980er Jahre erstmals ein starker Anstieg der Austritte aus der katholischen Kirche zu verzeichnen war. Danach blieben sie mit Schwankungen relativ stabil. Vor allem 2010 und in jüngerer Zeit nahm die Zahl der Kirchenmitglieder, die die Kirche verliessen, erneut stark zu.

Grafik 1.12: Kirchenaustritte der römisch-katholischen Kirche des Kantons Zürich (1965–2022) – im Vergleich mit Eintritten

Kirchenaustritte
im Kanton Zürich
im Vergleich

KirchenaustritteKirchenaustritte der röm.-kath. und evang.-ref. Kirche im Vergleich: Mitgehangen – mitgefangen

Im Kanton Zürich lässt sich besonders gut zeigen, dass kirchliche Auseinandersetzungen einen Einfluss auf die Kirchenaustritte haben. In den letzten 25 Jahren lagen die Kirchenaustrittsraten der beiden grossen Landeskirchen weitgehend gleichauf. In den Jahren zwischen 1990 und 1997 (Auseinandersetzungen um Bischof Wolfgang Haas), 2009 (Piusbrüder) und aktuell verliessen hingegen deutlich mehr Katholiken als Reformierte die Kirche (u.a. wohl aufgrund der Berichte über sexuellen und geistlichen Missbrauch in der Kirche). Erstaunlicherweise nahmen in diesen Jahren jedoch auch die reformierten Austritte zu, wenn auch nicht im gleichen Ausmass wie bei der katholischen Kirche. Öffentlich stark wahrgenommene Auseinandersetzungen in einer Kirche scheinen also auch Folgen für die anderen Kirchen zu haben.

Grafik 1.13: Kirchenaustritte pro 1000 Kirchenmitglieder der römisch-katholischen und evangelisch-reformierten Kirchen des Kantons Zürich (1985–2022)

Anmerkung: Basis: Anzahl Kirchenmitglieder per 31. Dezember des Vorjahres.

Kirchenaustritte
nach Altersklassen

KirchenaustritteKirchenaustritt mehrheitlich zwischen 25 und 34 Jahren

Besonders viele Personen verlassen die Kirche im Alter zwischen 25 und 34 Jahren, in dem viele junge Erwachsene einen eigenen Haushalt gründen und erstmals richtig Steuern bezahlen. Zwischen den beiden Kirchen bestehen dabei nur geringe Unterschiede.

Grafik 1.14: Kirchenaustritte der römisch-katholischen und evangelisch-reformierten Kirchen der Stadt Zürich nach Altersgruppen (2016)

Anmerkung: Das statistische Amt der Stadt Zürich verfolgt die Wanderungen zwischen den drei Kategorien “römisch-katholisch”, “evangelisch-reformiert” sowie “andere”. In der Grafik 1.14 sind die Bewegungen von römisch-katholisch und evangelisch-reformiert zu “andere” abgebildet, Von Kirchenaustritten wird gesprochen, in der Annahme, dass die allermeisten dieser Menschen konfessionslos werden und sich nicht einer anderen Religion anschliessen.

Ein Gedanke an einen Kirchenaustritt ist wahrscheinlich bei jüngeren Personen, Männern, in einer Stadt Wohnenden, im Konkubinat Lebenden, Personen mit keinen oder wenigen Kindern und höher Gebildeten.

Jörg Stolz und Thomas Englberger

Religion und Spiritualität in der Ich-Gesellschaft. Vier Gestalten des (Un-)Glaubens, Zürich, 2014, S. 139

Kirchenaustritte
St. Gallen

KirchenaustritteKirchenaustritte im Kanton St. Gallen

Ähnliche Entwicklungen wie im Kanton Zürich gelten auch für andere Kantone. Im Kanton St. Gallen fällt auf, dass die Kirchenaustrittsrate bei der evangelisch-reformierten Kirche mit Ausnahme von 2010 pro 1000 Mitglieder höher liegt als bei der römisch-katholischen Kirche

Grafik 1.15.1: Kirchenaustritte der römisch-katholischen Kirche des Kantons St. Gallen (1986–2022) – im Vergleich mit Eintritten

Grafik 1.16: Kirchenaustritte pro 1000 Kirchenmitglieder der römisch-katholischen und evangelisch-reformierten Kirchen des Kantons St. Gallen (2000–2022)

Anmerkung: Basis: Anzahl Kirchenmitglieder per 31. Dezember des Vorjahres.

Kirchenaustritte
ausgewählte Kantone

KirchenaustritteKirchenaustritte in den Kantonen Aargau, Luzern, Bern, Thurgau und Jura

Was für die Kantone St. Gallen und Zürich beschrieben wurde, lässt sich auch in anderen Kantonen beobachten.

Grafik 1.17: Kirchenaustritte der römisch-katholischen Kirche der Kantone Aargau, Luzern, Bern, Thurgau und Jura (2000–2022)

Kirchenaustritte
Baselstadt I

KirchenaustritteKirchenaustritte im Kanton Baselstadt: ein Sonderfall

Wie bei der Religionszugehörigkeit nimmt der Kanton Basel-Stadt auch bei den Kirchenaustritten eine Sonderstellung ein. In keinem anderen Kanton treten so viele Menschen aus der Kirche aus. Auch im Vergleich mit anderen Städten ist die Austrittsrate hoch. In absoluten Zahlen haben die Kirchenaustritte im Kanton Basel-Stadt in den letzten Jahren im Vergleich zu den 1980er und 1990er Jahren hingegen abgenommen, was angesichts der deutlich geschrumpften Mitgliederzahlen zu erwarten ist.

Grafik 1.18: Kirchenein- und austritte der katholischen Kirche des Kantons Basel-Stadt (1978–2022)

Kirchenaustritte
Baselstadt II

KirchenaustritteKirchenaustritte aus den beiden grossen Kirchen im Kanton Baselstadt: 1. Austrittswelle in den 70er Jahren

Ein Blick auf die Kirchenaustrittsrate macht deutlich, dass die grösste Austrittswelle in Basel-Stadt bereits in den 70er Jahren stattfand, was im Vergleich zu den anderen Kantonen aussergewöhnlich ist. Damals traten jährlich 4-5% der Mitglieder aus der Kirche aus. Eine zweite grössere Austrittswelle erlebte die katholische Kirche in Basel-Stadt in der ersten Hälfte der 1990er Jahre. Damals war die Austrittsrate bei den Katholiken auch deutlich höher als bei den Reformierten. Dasselbe Bild zeigt sich seit ca. 2010 und aktuell mit einem Wert wie in den 70er Jahren (Missbrauchsskandal).

Grafik 1.19: Kirchenaustritte pro 1000 Kirchenmitglieder der römisch-katholischen und evangelisch-reformierten Kirchen des Kantons Basel-Stadt (1978–2022)

Anmerkung: Für die evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt liegen erst Daten ab 1984 vor. Basis: Anzahl Kirchenmitglieder per 31. Dezember des Vorjahres.

Kirchenaustritte
die evang.-ref. Kirche

KirchenaustritteKirchenausritte aus der evangelisch-reformierten Kirche

Die Entwicklung der Kirchenaustritte in den Jahren 1985 bis 2021 zeigt die untenstehende Tabelle. Die grössten evangelisch-reformierten Kirchen verzeichnen auch die grösste Anzahl an Kirchenaustritten.

Grafik 1.20: Kirchenaustritte der evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz ohne VD, GE, NE, VS (1985–2022)

Anmerkung: Im Jahr 2020 liegen keine Austrittszahlen aus dem Kanton Uri vor.

Tabelle 1.5.1: Entwicklung Kirchenaustritte in der evangelisch-reformierten Kirche nach Landeskirchen (2000–2022)

Kanton20002001200220032004200520062007200820092010201120122013201420152016201720182019202020212022
Aargau14321359175919941903184518031755189222582652238325212746307329282745276532883716363937454365
Appenzell AR/AI13411411698177150129167153115168167106160170170235235281307284375364
Basel-Landschaft5574665997897797495656755896797476416836758208867958249301007126412461178
Basel-Stadt878831927894929913773823734729977807819862879880917782811916961830633
Bern-Jura-Solothurn21892315239731493140330527233071305638764367428340964353471049614961486951596337656167447646
Freiburg1981842012963193282672983012963342912993363234224515434955846381190792
Genf4
Glarus925311914812213677112105126121131122105125124125108143150172157179
Graubünden2502493673104333032923943244495144594825174726126046457488608959701075
Luzern189211252291340344307287319369462412434421483603575640664792836963926
Neuenburg321215101528
Nidwalden13401851242023233035365047533835505876818285
Obwalden1014121717913191725191521262934293444618473
Schaffhausen216190196209216162175182181230241183252239219278254288342394457411507
Schwyz7795113125136135118122153150224118153160183172195217248280307352362
Solothurn369372422464482461433453457495565509501496553540578618668653656727778
St. Gallen65775389098686595071772279882710099669431090117812751336139314451705173918661973
Tessin18132967524734873021554241485378766748525170
Thurgau5015365716556356075965776947728467828188498779751018109411881409153017261798
Uri13769981012161516334819171629423449
Zug718810211012111712312183164157128145143161179178191204235295323272
Zürich30552898325937003454329930362820302533604938406643574019383242815071446049496432660366606973
Anmerkung: Die evangelisch-reformierten Landeskirchen sind meist identisch mit den jeweiligen Kantonsgrenzen. Eine Ausnahme bildet Solothurn. Ein Teil der reformierten Bevölkerung dieses Kantons gehört zur Landeskirche Bern-Jura-Solothurn. Der Rest bildet die eigenständige Landeskirche Solothurn. Für die Kantone Genf, Waadt und Wallis liegen keine Angaben zu den Kircheneintritten und -austritten vor. Quelle: Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS)