«Totgesagte leben länger» Entwicklung der Mitgliedschaft in der katholischen Kirche über die vergangenen 10 Jahre und Ausblick in die Zukunft
Urs Winter-Pfändler
1. Ausgangslage
Die römisch-katholische Kirche erlebte in den letzten Jahren Umwälzungen mit noch nicht genau bezifferbaren Folgen. So zeigen beispielsweise kirchenstatistische Untersuchungen der jüngeren Zeit, dass die Taufquoten sinken. Entsprechend wurden im Jahr 2019 im Bistum Basel, dem grössten Bistum der Schweiz, nur noch ca. 6 von 10 Kindern aus katholischen Familien getauft (2012 waren es noch 7 von 10 Kindern). Dazu gesellen sich steigende Austrittszahlen. Da weniger Nachwuchs nachkommt und auch die Menschen mit einer Austrittsneigung eher jünger sind, droht die katholische Kirche schneller zu altern als die durchschnittliche Wohnbevölkerung der Schweiz. Bislang wurde dieser Effekt allerdings durch die Migration katholischer Gläubiger in die Schweiz gedämpft. Auch die absolute Mitgliederzahl der katholischen Kirche konnte weitgehend stabil gehalten werden – nicht jedoch der Anteil der katholischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung, der seit etlichen Jahren stetig abnimmt.
Aufgrund dieses sinkenden katholischen Bevölkerungsanteils dürfte der gesellschaftliche Einfluss der Kirche zukünftig abnehmen. Mögliche Reaktionen auf diese Situation verlangen Anpassungen der Kirche, die auch kirchenintern zu Spannungen führen können: Welche pastoralen Angebote werden prioritär behandelt angesichts einer in Zukunft erwartbaren Abnahme finanzieller Mittel? Dazu werden sich vermehrt Fragen zur Personalplanung und Personalentwicklung stellen und es wird z.B. genau geplant werden müssen, ob oder wie der Erhalt der Kirchengebäude auch in Zukunft gesichert werden kann.
Jetzt aber ein Blick nach vorn: Wie entwickelt sich die katholische Bevölkerung innerhalb der nächsten 10 Jahre? Antworten auf diese Frage sollen im vorliegenden Beitrag gegeben werden. Ausgangspunkt ist die Mitgliederentwicklung der katholischen Kirche seit dem Jahr 2010 (1). Auf Grundlage dieser Daten wird die Entwicklung der Mitgliederzahl modelliert und prognostiziert, für die Jahre 2025 und 2030.
Die Daten für das Jahr 2020 werden im Folgenden dennoch auch vorgestellt, weil sie in vielen Bereichen die Auswirkungen der Coronapandemie zeigen, die das kirchliche Leben in weiten Teilen einschränkte. Die Zahlen für 2020 fallen demnach erwartbar geringer aus als vor der Pandemie, mit Ausnahme der kirchlichen Bestattungen. Tatsächliche und dauerhafte Folgen der Pandemie auf kirchenstatistischen Kennzahlen kirchlichen Lebens werden erst in einigen Jahren feststellbar sein.
2. Mitgliederbestand und dessen Saldierung
Grundsätzlich wird der Mitgliedschaftsbestand der katholischen Kirche durch folgende Faktoren beeinflusst:
2.1 Zugänge: Taufen
In der Schweiz finden Taufen in den allermeisten Fällen im Kindesalter statt. Im Jahr 2020 fanden insgesamt 11’968 (- 32% gegenüber 2019) Taufen statt. Die Aufschlüsselung nach Bistümern ergibt folgendes Bild:
Tabelle m21_1: Anzahl Taufen im Jahr 2019 und 2020, aufgeschlüsselt nach Bistümern
Bistum | Anzahl Taufen 2019 | Anzahl Taufen 2020 |
---|---|---|
Basel | 5’985 | 4'464 |
Chur | 3’806 | 2'637 |
St. Gallen | 1’940 | 1'485 |
Sitten | 1’554 | 995 |
LGF | 3’212 | 1'628 |
Lugano | 1’210 | 759 |
Schweiz | 17’707 | 11'968 |
Die Taufquoten (Taufen im Verhältnis zu Geburten innerhalb der katholischen Bevölkerung) lassen sich ebenfalls in etwa abschätzen:
Tabelle m21_2: Taufquote (in %): Taufen im Verhältnis zu den Geburten innerhalb der kath. Bevölkerung, Basis: Strukturerhebung BFS (Schätzung) zwischen 2000 und 2020
Jahr | Chur | St. Gallen | Sitten | LGF | Lugano | Basel |
---|---|---|---|---|---|---|
2000 | 72.3 | 90.0 | 73.3 | 86.0 | ||
2012 | 66.9 | 81.6 | 83.3 | 54.9 | 83.0 | 72.1 |
2015 | 57.4 | 75.3 | 76.1 | 52.8 | 77.2 | 65.1 |
2016 | 58.6 | 79.5 | 70.8 | 52.2 | 76.1 | 63.7 |
2017 | 57.1 | 75.5 | 70.3 | 48.4 | 76.1 | 62.3 |
2018 | 55.3 | 77.3 | 65.2 | 49.9 | 82.8 | 63.2 |
2019 | 56.9 | 77.9 | 71.9 | 50.5 | 77.3 | 60.1 |
2020 | 39.1 | 59.0 | 43.6 | 26.3 | 48.2 | 45.0 |
Es fällt auf, dass die Taufquoten in allen Bistümern über die Jahre sanken. Ein überaus deutlicher Abfall zeigt sich wiederum durch Corona bedingt zwischen 2019 und 2020. Die katholische Kirche in der lateinischen Schweiz zeigte deutlich stärkere Einbussen als in der Deutschschweiz.
2.2 Zugänge: Eintritte bzw. Wiedereintritte
Im Vergleich zu den Austritten bewegen sich die Eintritte seit Jahren auf tiefem Niveau. Im Jahr 2020 traten 735 Personen in die katholische Kirche ein (im Jahr 2019 waren es 885 Personen. Die Eintrittsrate ohne die Kantone NE, GE, VS, VD sowie Kantone ohne Angaben beträgt 0.03%). Das Verhältnis zwischen Ein- und Austritten beträgt somit etwa 1:42.
2.3 Abgänge: Todesfälle von Mitgliedern
Mit Hilfe der Todesfallstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) und den BFS-Strukturerhebungen wurde annäherungsweise berechnet, wie viele katholische Gläubige in den letzten Jahren verstorben sind. Basis dieser Berechnung ist die Altersstruktur der Mitglieder der katholischen Kirche der über 65jährigen.
Tabelle m21_3: Geschätzte Todesfälle unter Katholik:innen in den Jahren 2012, 2015, 2019 und 2020, aufgeschlüsselt nach Bistümern
Bistum | 2012 | 2015 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|
Basel | 9340 | 9700 | 9'121 | 10'075 |
Chur | 5429 | 5658 | 5'289 | 5'785 |
St. Gallen | 2385 | 2282 | 2'213 | 2'607 |
Sitten | 1970 | 2113 | 2'180 | 2'476 |
LGF | 4698 | 4838 | 4'631 | 5'740 |
Lugano | 2347 | 2530 | 2'427 | 3'066 |
Schweiz | 26169 | 27121 | 25'861 | 29'751 |
Schweizweit sterben pro Jahr zw. 26’000 und 30’000 Katholik:innen. Die allermeisten von ihnen werden auch kirchlich bestattet. Auch hier zeigt sich die Coronapandemie durch erhöhte Todesfallzahlen.
2.4 Abgänge: Austritte
Im Jahr 2020 sind 31’410 Personen aus der katholischen Kirche ausgetreten, das sind etwa gleich viele Menschen wie im Austritts-Rekordjahr 2019 (Jahr 2019: 31’772) (Mitgliederstand Ende 2020: ca. 3 Mio. Mitglieder) (2). Somit bleiben die Austrittszahlen auf sehr hohem Niveau. Die Austrittsrate beträgt über die Gesamtschweiz berechnet durchschnittlich 1.1%. Auffällig sind die kantonalen Unterschiede. So verzeichnen die Kantone Genf, Wallis, Neuenburg und Waadt praktische keine Austritte. Diese Beobachtung ist durch eine andere Organisationsstruktur der Kirchen in den genannten Kantonen zu erklären, in denen es keine formale und mit Kirchensteuerpflicht verbundene Mitgliedschaftsstruktur gibt, aus der man überhaupt austreten könnte.
Rechnet man diese Kantone (NE, GE, VS, VD) aus der Statistik heraus, so ergibt sich eine durchschnittliche Austrittsquote von 1.4%. Dieser Wert ist ähnlich wie derjenige der umliegenden Länder (Deutschland: 1.0%, Österreich: 1.2%). Auch in diesen Ländern haben die Austrittszahlen in den vergangenen Jahren zugenommen.
Im Vergleich: In der evangelisch-reformierten Kirche traten im Jahr 2020 27’031 Personen aus der Kirche aus (keine Daten von den Kantonen Uri sowie Neuenburg) und die Anzahl der Mitglieder betrug Ende 2020 ca. 2 Mio. Mitglieder.
3. Analyse der Mitgliedschaftszahlen 2010 bis 2019 und Bestimmung von Trendlinien
Die folgenden Berechnungen gehen davon aus, dass lineare (stabile) Trends vorliegen und sich die Mitgliederzahlen in etwa linear entwickeln. Mit den aus den statistischen Berechnungen gewonnenen Steigungskoeffizienten («Slopes») ist es möglich, Szenarien für die zukünftige Entwicklung der Mitglieder zu bestimmen. Diese Fortschreibung funktioniert jedoch nur, wenn – wie geschrieben – sich die Mitgliederentwicklung, welche die katholische Kirche zwischen 2010 und 2019 erlebte, in etwa so wie gewohnt fortschreibt. Entwickeln sich einzelne Faktoren in Zukunft plötzlich exponentiell und nicht mehr linear (z.B. im Bereich der Kirchenaustritte) oder würde die Zuwanderung in die Schweiz radikal abnehmen, dürften die folgenden Modelle zu positiv ausfallen.
Neben den relativen Anteilen der Religionsgemeinschaften an der Bevölkerung in der Schweiz interessiert sich dieser Beitrag auch dafür, wie sich die absoluten Mitgliederzahlen der katholischen Kirchen entwickeln. Dies geschieht mit Hilfe des Bevölkerungsszenarios des Bundesamtes für Statistik.
Folgende Werte konnten pro Kanton, Region und Gesamtschweiz ermittelt werden:
Tabelle m21_4: Koeffizienten der linearen Regressionsgleichungen
Region/Kanton | Slope (Steigung) | Region/Kanton | Slope (Steigung) |
---|---|---|---|
Schweiz | -0.45 | Ostschweiz | -0.47 |
Genferseeregion | -0.55 | Glarus | -0.76 |
Waadt | -0.35 | Schaffhausen | -0.13 |
Wallis | -0.77 | Appenzell A. Rh. | -0.39 |
Genf | -0.67 | Appenzell I. Rh. | -0.24 |
Espace Mittelland | -0.23 | St. Gallen | -0.65 |
Bern[1] | -0.06 | Graubünden | -0.39 |
Freiburg | -0.55 | Thurgau | -0.24 |
Solothurn | -0.61 | Zentralschweiz | -0.79 |
Neuenburg | -0.61 | Luzern | -0.76 |
Jura | -0.49 | Uri | -0.72 |
Nordwestschweiz | -0.51 | Schwyz | -0.93 |
Basel-Stadt | -0.58 | Obwalden | -0.8 |
Basel-Landschaft | -0.43 | Nidwalden | -0.73 |
Aargau | -0.56 | Zug | -0.7 |
Zürich | -0.31 | Tessin | -0.7 |
4. Prognose: Mitgliederentwicklung
Alle Kantone zeigen sinkende Anteile an der Gesamtbevölkerung. Rechnet man sie für die kommenden Jahre fort, ergeben sich für 2025 bzw. 2030 folgende prognostische Werte zum Anteil der Katholik:innen an der ständigen Wohnbevölkerung über 15 Jahre (ü15J):
Tabelle m21_5: Katholische Bevölkerungsanteile im Jahr 2019 sowie Prognose für die Jahre 2025 und 2030
Kt | Kath. Bevölkerung ü15J im Jahr 2019% | Prognose 2025 (%) | Prognose 2030 (%) | Δ 2019 versus 2030 (%) |
---|---|---|---|---|
CH | 34.4 | 32.7 | 30.5 | -3.9 |
AG | 30.2 | 28.1 | 25.4 | -4.8 |
AI | 74.0 | 71.7 | 70.5 | -3.5 |
AR | 27.7 | 25.9 | 23.9 | -3.8 |
BE | 15.4 | 15.2 | 14.9 | -0.5 |
BL | 26.2 | 23.2 | 21.0 | -5.2 |
BS | 14.9 | 12.6 | 9.6 | -5.3 |
FR | 58.0 | 56.0 | 53.2 | -4.8 |
GE | 31.0 | 28.1 | 24.8 | -6.2 |
GL | 30.1 | 27.0 | 23.2 | -6.9 |
GR | 40.2 | 39.2 | 37.3 | -2.9 |
JU | 64.3 | 63.1 | 60.7 | -3.6 |
LU | 58.8 | 55.2 | 51.4 | -7.4 |
NE | 19.7 | 16.9 | 13.9 | -5.8 |
NW | 62.6 | 60.0 | 56.4 | -6.2 |
OW | 68.1 | 64.3 | 60.2 | -7.9 |
SG | 42.0 | 39.3 | 36.1 | -5.9 |
SH | 21.1 | 21.4 | 20.7 | -0.4 |
SO | 31.2 | 28.9 | 25.9 | -5.3 |
SZ | 56.5 | 52.7 | 48.0 | -8.5 |
TG | 30.0 | 29.9 | 28.7 | -1.3 |
TI | 62.8 | 60.3 | 56.9 | -5.9 |
UR | 74.8 | 72.8 | 69.2 | -5.6 |
VD | 27.7 | 26.8 | 25.0 | -2.7 |
VS | 68.9 | 65.1 | 61.2 | -7.7 |
ZG | 48.0 | 45.1 | 41.6 | -6.4 |
ZH | 24.9 | 23.9 | 22.4 | -2.5 |
Das Bundesamt für Statistik berechnet diverse zukünftige Bevölkerungsszenarien. Dabei unterscheidet es zwischen einem mittleren Referenzszenarium, einem «tiefen» sowie einem «hohen» Szenarium und prognostiziert mit Hilfe dieser Berechnungen die Bevölkerungsentwicklung der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz. Dieses rechnet für das Jahr 2025 mit 9’058’337 und für das Jahr 2030 mit 9’430’802 Einwohner:innen (ständige Wohnbevölkerung). Das mittlere Referenzszenarium wurde hinzugezogen, um die kath. Wohnbevölkerung im Jahr 2025 und dem Jahr 2030 abzuschätzen.
Tabelle m21_6: Katholische Bevölkerung (gesamte Wohnbevölkerung) - Prognose für die Jahre 2025 und 2030 aufgrund der relativen Bevölkerungsanteile und dem mittleren Referenzszenario der Bevölkerungsentwicklung
Kt | Kath. Bevölkerung (gesamte Wohnbevölkerung) 2019 | Prognose 2025 | Prognose 2030 | Δ 2019 versus 2030 (N) |
---|---|---|---|---|
CH | 2'960'475 | 2'964'468 | 2'875'051 | -85'424 |
AG | 207'125 | 207'900 | 198'295 | -8'830 |
AI | 11'935 | 12'113 | 12'289 | 354 |
AR | 15'358 | 14'781 | 14'004 | -1'354 |
BE | 160'079 | 163'057 | 164'038 | 3'959 |
BL | 75'841 | 69'316 | 64'391 | -11'450 |
BS | 29'181 | 25'371 | 20'057 | -9'124 |
FR | 186'634 | 190'635 | 188'282 | 1'648 |
GE | 156'280 | 149'941 | 138'509 | -17'771 |
GL | 12'218 | 11'248 | 9'883 | -2'335 |
GR | 80'006 | 78'470 | 74'726 | -5'280 |
JU | 47'315 | 47'353 | 46'397 | -918 |
LU | 242'915 | 239'527 | 232'340 | -10'575 |
NE | 34'770 | 30'257 | 24'971 | -9'799 |
NW | 26'972 | 27'271 | 26'422 | -550 |
OW | 25'830 | 25'529 | 24'706 | -1'124 |
SG | 214'508 | 212'229 | 202'820 | -11'688 |
SH | 17'375 | 18'729 | 19'011 | 1'636 |
SO | 85'877 | 84'430 | 79'195 | -6'682 |
SZ | 90'671 | 90'205 | 86'258 | -4'413 |
TG | 83'864 | 89'217 | 89'932 | 6'068 |
TI | 220'736 | 213'047 | 200'499 | -20'237 |
UR | 27'454 | 28'043 | 27'658 | 204 |
VD | 223'012 | 230'202 | 227'010 | 3'998 |
VS | 238'067 | 235'651 | 228'838 | -9'229 |
ZG | 61'268 | 62'531 | 61'114 | -154 |
ZH | 383'279 | 392'396 | 386'963 | 3'684 |
Es fällt auf, dass die absoluten Werte der Anzahl Mitglieder der katholischen Kirchen aufgrund des allgemeinen Bevölkerungswachstums nur leicht sinken. Der Anteil der katholischen Kirchenmitglieder sinkt dabei deutlicher. Aufgrund der Unsicherheiten des Modelles sind die Werte der Kantone Bern, Schaffhausen, Appenzell I. Rh und Thurgau mit Vorsicht zu betrachten.
5. Stellschrauben
Was kann die katholische Kirche in dieser Situation tun? Grundsätzlich sei nochmals betont, dass die präsentierten Modellrechnungen nur dann in etwa zutreffen werden, wenn die Stärke der beeinflussenden Faktoren sowohl bei den Zugängen als auch Abgängen konstant bleibt. Dies betrifft vor allem das Bevölkerungswachstum, besonders die Migrationsentwicklung. Beide Faktoren kann die katholische Kirche kaum beeinflussen. Die kirchlichen Stellschrauben für eine Beeinflussung der Entwicklung der Kirchenmitgliedschaftszahlen dürften vor allem dort liegen, wo eine höhere Taufquote sowie kleinere Austrittszahlen erreicht werden können.
6. Fazit
Totgesagte leben länger. Die Zahlen und Prognosen für die katholische Kirche lassen vermuten, dass die Zahl der Kirchenmitglieder über die nächsten 10 Jahre in etwa stabil bleibt. Aufgrund der sinkenden Anteile an der wachsenden Gesamtbevölkerung dürfte jedoch der Rückhalt in der Bevölkerung weiter sinken. Zudem trügt der Eindruck von Stabilität der katholischen Kirche aus drei Gründen:
- Erstens zeigen die Daten der Kirchenstatistik, dass die Kirchenbindung der Mitglieder schwächer wird und die Austrittsneigung hoch bleibt.
- Zweitens ist unsicher, ob sich die Migrationsentwicklung der vergangenen Jahre auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
- Drittens dürfte der Rückhalt der Kirchen in der Bevölkerung weiter sinken, wenn ihr Anteil an einer wachsenden Bevölkerung kleiner wird. Dies wird für Erwartungen an die gesellschaftliche Rolle der Kirche nicht folgenlos bleiben. Zudem sanken auch die relativen Anteile der evangelisch-reformierten Kirche in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Der damit verbundene gemeinsame Relevanzverlust der beiden Kirchen dürfte sich noch stärker bemerkbar machen als wenn man nur auf den sinkenden Anteil der katholischen Kirche allein schauen würde.
Die Kirchenstatistik drängt daher beide grossen Kirchen zu genauem Hinschauen und zum Handeln.
7. Datengrundlage
- Daten des Bundesamtes für Statistik BFS (Strukturerhebungen, Todesfallstatistiken, Statistiken zu den Lebendgeburten, Daten Szenarien Departement Demographie und Migration, Daten zur Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton)
- Daten der Pfarreierhebungen des SPI sowie Pfarreierhebungen der Bistümer
- Daten der kantonalen katholischen Körperschaften
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Anmerkung: (1) Basis für die Modellbildung bilden die Daten der BFS Strukturerhebung für die Jahre 2010 bis 2019. Für das Jahr 2020 liegen noch keine Strukturerhebungsdaten des BFS vor.
(2) Keine Zahlen zu den Austritten liegen aus den Kantonen Baselland und Tessin vor. Eintrittszahlen fehlen aus den Kantonen Baselland, Tessin und Jura.
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